Sehnsucht nach dem Vater - Jessica Rohrbach

Sehnsucht nach dem Vater

von Jessica Rohrbach

  • Veröffentlichungsdatum: 2010-05-25
  • Genre: Literaturkritik

Beschreibung

Benno Pludras Tätigkeit als Kinderbuchautor begann 1951 mit der Teilnahme am „Preisausschreiben zur Förderung der sozialistischen Kinderliteratur” des DDR-Ministeriums für Volksbildung. Die im damaligen Realismusverständnis geschriebene Erzählung „Ein Mädchen, fünf Jungen und ein Traktor” fand dort große Anerkennung. An den späteren Werken des Autors lässt sich exemplarisch die Entwicklung der DDR-Kinderliteraturnachvollziehen. Nach und nach setzt sich dort die Rolle des Individuums durch und auch Konfliktfelder wie zum Beispiel das der gefährdeten Familie werden zunehmend enttabuisiert. In „Insel der Schwäne” (1980)und „Das Herz des Piraten” (1985), um das es hier gehen soll, löst sich Pludra dann endgültig von Tendenzen der Harmonisierung. In dem zuletzt genannten Roman erzählt er die Geschichte des etwa zehnjährigen Mädchens Jessika. Sie hat Sehnsucht nach ihrem Vater Jakko, den sie nie kennen gelernt hat. Eines Tages findet sie am Strand einen leuchtenden Stein, der mit ihr redet und sie wärmt. Doch keiner außer ihr nimmt das wahr. Im Dialog mit dem Stein, dem Herz eines Piraten, erzählt sie von ihrem größten Wunsch, einmal ihren Vater kennen zu lernen. Im Laufe der Geschichte erfüllt sich dieser, doch der lang ersehnte Vater bleibt nicht, sondern zieht weiter mit dem Wanderzirkus, für den er als Kunstreiter arbeitet. Auffällig an dem Werk ist die Thematisierung der Mutter-Kind-Beziehung. Das Mädchen Jessika ist ausgesprochen reif und selbstständig für ihr Alter. Sie geht einkaufen, spült das Geschirr und schüttet die Kohlen ins Kellerloch, während ihre Mutter auf einer Hühnerfarm arbeitet. Benno Pludra stellt damit eine typische Familiensituation in der DDR dar, was im Verlauf der Hausarbeit belegt wird. Dazu soll der Ist-Zustand der Familie im Buch sowie in der Gesellschaft der DDR dargestellt und verglichen werden. Die Mutter-Kind-Familie wird im Roman allerdings keineswegs als positiv dargestellt. Pludra entwirft darum auch das Bild einer idealen Familie, nämlich die Familie mit Vater. Auch wenn diese in der Geschichte nicht verwirklicht wird, bleibt die Option offen, dass der neue Freund der Mutter ein Vaterersatz wird. In der Mitte dieser Hausarbeit soll darum der Soll-Zustand einer Familie in Buch und Gesellschaft dargestellt werden. Da viele Kinder in der DDR diesen Zustand nicht oder nicht ihre ganze Kindheit über erleben dürfen, ist das Buch auch als Lebenshilfe zu verstehen, was am Ende der Arbeit gezeigt werden soll.

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